Bahn-Express

Eilenburger Chemiewerk AG (ECW), Ziegelstraße 2, 04838 Eilenburg-Ost

12.01.2000-info/ ms/ fl/ Das 1887 als "Deutsche Celluloid Fabrik AG" (DCF) gegründete Werk produzierte ab 1945 unter der Bezeichnung "Eilenburger Celluloid Werk" (ECW), bis es sich Anfang der 1960er Jahre kurzzeitig Orbitaplast nannte. Mitte der 1960er Jahre erfolgte die Umbenennung in VEB Eilenburger Chemiewerk (ECW), das nach der Wende die Bezeichnung "Eilenburger Chemiewerk AG" bzw. zum Schluß Eilenburger Compound Werk GmbH (ECW) trug.

Celluloid (auch Zellhorn genannt) ist ein Werkstoff, der aus Zellulose (=Holz) gewonnen wird und früher als Grundmaterial für die Filmherstellung diente bzw. zur Herstellung von Kämmen, Spiegeln, Schmuck (und was Frauen sonst noch so benötigen) eingesetzt wurde. Celluloid zählt zu einem der ersten Kunststoffe, die entwickelt wurden. Das leicht entzündliche Celluloid wurde zu Beginn der 60er Jahre von den aufkommenden Kunststoffen auf Rohölbasis verdrängt, was z.B. zur Aufgabe der Westdeutschen Celluloidwerke GmbH in Lank b. Düsseldorf führte. Nach der Einstellung der Produktion von Celluloid in Eilenburg erfolgte in den 1960er Jahren eine Produktionsumstellung hin zu Rohstoffen für die Farben- und Filmindustrie auf Acetatbasis (Lackwolle), Wasserstoffperoxid sowie Kunststoffgranulaten. 1999 erfolgte die Auflösung der ECW AG, nachdem bereits große Teile des Werkes ab 1996 stillgelegt wurden. Seitdem wird das Werksgelände schrittweise in einen "Chemiepark" umgewandelt, wo in den von der ECW geräumten Gebäuden neue Unternehmen angesiedelt werden. Der Werkswasserturm der ECW dient nun als Wahrzeichen des neuen Industrie- und Gewerbegebietes "Am Wasserturm".

Die Werkbahn der ECW wurde zum 31.12.1998 stillgelegt. Für den innerbetrieblichen Transport wurde eine 600 mm - Schmalspurbahn eingesetzt, von der bisher lediglich zwei Loks bekannt sind: O&K, F-Nr.:7337 & 7338, Bj. 1915, Bn2t.

Die Anschlußbahn der Eilenburger Chemiewerk AG wurde vom Stellwerksbezirk „Aw“ östlich des Bahnhof Eilenburg bedient. Sie hatte eine Länge von rund 9 km Länge und verfügte über 40 Weicheneinheiten. Ein geeigneter Fotostandpunkt war der Bahnübergang über die B 87, die das Werk in Nord- und Südteil gliederte. Nach Einstellung der Werkbahn wurden die vorhandenen Dieselloks verkauft, während die im Lokschuppen noch die betriebsbereite und gut erhaltene Dampfspeicherlok Nr. 2" abgestellt ist. Auf den verwaisten Gleisanlagen südlich der B 87 befinden sich noch ein Kesselwagen, ein Flachwagen und der werkseigene Gerätewagen, der aus dem Umbau einer Gmeinder-Werklok entstand.

Seit der Einstellung des Anschlußbahnbetriebes im ehem. Eilenburger Chemiewerk (ECW) zum 31.12.1998 stand die gut erhaltene und betriebsfähige Dampfspeicherlok Nr. 2 (Raw Meiningen / 03155 /1987 / Cfl / Typ FLC) im Lokschuppen ohne Einsatz abgestellt. Im Oktober 2000 erwarben die Eisenbahnfreunde Torgau e.V. diese Lok und stellten sie mit Hilfe von Sponsoren als technisches Denkmal auf dem Betriebsgelände des neuen Blockheizkraftwerkes der Stadtwerke Eilenburg GmbH auf, das sich im neuen Chemiepark auf dem alten ECW-Werksgelände befindet. Es entstand so ein technisches Denkmal vor der Kulisse des ehemaligen Chemiewerkes, welches an die langjährige Tradition des umfangreichen Industriebahnbetriebes beim ECW erinnert.

Mit der Dampfspeicherlok verließ auch der zweiachsige Kesselwagen (brauner Anstrich, ehem. Transport von Natronlauge) das Werksgelände und ging zwecks HU per Schiene an das Herstellerwerk Kiffe nach Münster. Er soll in Zukunft Teil eines historischen Güterzuges bilden. Ebenso werden der letzte vorhandene Flachwagen und der interessante Gerätewagen des ECW (Umbau aus Gmeinder-Diesellok) der Nachwelt erhalten, beide gelangten nach Finsterwalde zur Museumseisenbahn Finsterwalde e.V.


Eilenburger Chemie: Die zum Gerätewagen umgebaute Gmeinder FNr. 3821. (Foto: 23.09.1998, Manfred Uy)

 


© Info von Martin Schiffmann
© Info von Frank Licht