Bahn-ExpressFeldbahnen in Schleswig-Holstein

Friedrich Werner von Bülow KG, Kieswerk Segrahner Berg, 23899 Gudow

05.02.1988 (BE 5/85 -37-, 3/86 -157-)/ Diese außergewöhnliche Schmalspurbahn diente dem Abtransport des am Segrahner Berg gewonnenen Kieses zum Elbe-Lübeck-Kanal, wo das Material in Schiffe umgeladen wurde. Die etwa 7 km lange Bahn führte dabei durch eines der am dünnsten besiedelten Gebiete Deutschlands.

Die Bahn besaß drei Kreuzungsstellen, die allesamt weitab irgendeiner Ortschaft inmitten der Feldmark lagen. Außerdem gab es nördlich der Ortschaft Göttin eine Steilrampe, mittels derer ein Höhenunterschied von immerhin 25 m bewältigt wurde. Durch eisenbahnmäßige Anlagen (Dämme, Einschnitte), dichte Zugfolge (am Tag bis zu 40 Züge in bis zu 10 Stunden Betriebszeit) und eine hohe Anzahl von Lokomotiven (15 vorhandene Loks, davon 8 im täglichen Einsatz) unterschied sich diese Kiesbahn vom Gros der Feldbahnen. Auch daß die letzten beiden Wagen jedes Zuges per Druckluft von der Lok aus gebremst wurden, ist bei Feldbahnen durchaus nicht üblich. Diese Einrichtung war vor allem für die Steilrampe gedacht, die die Züge im Schrittempo und mit den blockierenden letzten beiden Loren hinunterkrochen.

Von den insgesamt 11 Streckenloks, die alle baugleich waren, standen 7 im werktäglichen (außer Sa) Einsatz, eine diente als Reserve und die übrigen waren als Schrott an der Werkstatt abgestellt.

Es gab dann noch vier Verschiebeloks, die, als die Gleise noch direkt ins Abbaugebiet führten, in der Grube eingesetzt waren. Zuletzt besorgten die Zulieferung zum alten hölzernen Mischgebäude, unter dem die Feldbahnzüge beladen wurden, Förderbänder. Eine der kleinen Loks diente noch als Werkstattlok.

Weitere betriebliche Besonderheiten sollen nicht unerwähnt bleiben: Da war z.B. die Entladung der Loren am Kanalhafen. Jede Lore wurde zunächst einmal mit einer Haltevorrichtung gesichert, die Loren wurden von Hand gekippt und erhielten dann noch einen Schlag mit einem großen Gummihammer. Der Zug mußte nach nahezu jeder Entladung vorsetzen.

Bei Segrahn wurde am Bahnübergang in der Regel gepfiffen. Bei Besenthal, an der Straße nach Büchen und bei Göttin befanden sich Blinklichtanlagen, die der Lokführer während der Fahrt durch Betätigung eines stationären Knopfes auf einem Pfeiler ein- und wieder ausschaltete.

Die sieben Züge fuhren in vier Gruppen. Drei Gruppen bestanden aus je zwei Zügen, die im Sichtabstand hintereinander fuhren, die vierte Gruppe bestand nur aus einem Zug. Bei einer günstigen Zugkreuzung konnte man also vier Züge auf ein Foto bekommen.

Wenn eine der sieben Planloks ausfiel, kam die alte Lok Z zum Einsatz. Die Besonderheiten dieser Lok lagen in ihrem Originalmotor (alle anderen verfügten über einen luftgekühlten Austauschmotor) und in der Tatsache, daß sie keine Druckluftanlage besaß. Es mußte dann eine Bremserlore angehängt und besetzt werden.

Der Schmalspurbetrieb begann zunächst 1928 auf einer Strecke vom Segrahner Berg bis Kehrsen (b. Lehmrade) und diente landwirtschaftlichen Belangen. 1935 schickte dann das Kieswerk Segrahner Berg erstmals Kieszüge auf die Strecke. Bei Kehrsen wurde der Kies auf die normalspurige Eisenbahn verladen.

1949 löste die Strecke zum Elbe-Lübeck-Kanal die nach Kehrsen ab, welche schon ein Jahr später stillgelegt wurde. Die neue Strecke führte damals schon in einem Einschnitt durch die wenige Jahre zuvor aufgeschüttete Trasse der geplanten, aber nicht fertiggestellten Autobahntrasse Hamburg - Berlin. Und just diese Tatsache ist der Kiesbahn dann zum Verhängnis geworden. Die Autobahn mußte doch unbedingt gebaut werden und so verkehrte der letzte Zug auf der Kiesbahn am 25. August 1981. Kurz darauf baute man die Strecke ab. Zunächst hat dann ein Lkw die Aufgabe der Feldbahn übernommen.

Eine konkrete Lokliste läßt sich für das Kieswerk am Segrahner Berg nicht aufstellen. Zu viele Angaben lassen sich nicht zuordnen, andere widersprechen sich. Wir beschränken uns in der Folge auf eine Auflistung sämtlicher Lokomotiven, die in irgendeiner Weise beim Kieswerk am Segrahner Berg nachgewiesen waren. Die Zuordnung zu den eigenwilligen Betriebsbezeichnungen (I, II, V, X, - usw.) ist aufgrund von Doppelbelegungen und Umbenennungen widersprüchlich und bleibt ebenso wie die farbliche Unterscheidung der Loks, die früher einmal vorgenommen wurde, heute aber nicht mehr nachvollziehbar ist, unberücksichtigt.

Friedrich Werner von Bülow KG, Kieswerk Segrahner Berg, 23899 Gudow Spur:600 mm
Stand:05.02.1988
#Nr.HerstellerdatenBauartTypLstg. (PS)Gew. (t)Vmax (km/h)Bem.
  Deutz11885/1935BdmOMZ 122 F36/40917.5a)
  Deutz13551/1936BdmOMZ 117 F22/244.515.5b)
  Deutz13661/1935BdmOMZ 122 F36/40717.5c)
  Deutz14767/1935BdmOMZ 117 F22/244.615.5b)
  Deutz15315/1935BdmOMZ 122 F36/40917.5d)
  Deutz15610/1935BdmOMZ 122 F36/40717.5e)
  Deutz16373/1936BdmOMZ 122 F36/40917.5f)
  Deutz18305/1937BdmOME 117 F11/12313.3g)
  Deutz19716/1937BdmOMZ 122 F36/401217.5h)
  Deutz22978/1937BdmOMZ 122 F36/408.517.5i)
  KHD46585/1942BdmOMZ 122 F36/408.517.5j)
  Gmeinder/19..Bdm 20/24  k), LV
  Gmeinder1299/1935Bdm 20/224.512l)
  Gmeinder1837/1937Bdm 20/244.512m)
  Gmeinder/19..Bdm    n)
  1. neu über Martin Kallmann, Mannheim, an Karl Schaare, Bauunt., Braunschweig (Schild: Dubick & Stehr, Hamburg)

  2. neu an IBAG, Neustadt/Haardt

  3. neu über Glaser & Pflaum, Hamburg, an Terra-Tiefbau AG, Altona/Elbe

  4. neu über Martin Kallmann, Mannheim, an ArGe Winter-Neumann, Plauen

  5. neu an Kommandantur, Pillau

  6. neu über Martin Kallmann, Mannheim, an Andr. und Georg Werner, Nürnberg, Loos Lauf

  7. neu über Dubick & Stehr, Hamburg, an Kieswerk Segrahner Berg, Gudow/ 1983 an Torfwerk Walter Sievers, Beringstedt, für Todenbüttel

  8. neu an Hoch- und Tiefbau AG, Breslau

  9. neu über Glaser & Pflaum, Düsseldorf, an Müller & Froitzheim, Bauunt., Köln-Braunsfeld (Umbau Holzgas)

  10. neu an Klöckner & Co., Duisburg

  11. evtl. identisch mit IBAG 6367/1935, siehe n)

  12. neu an Jura Kalk- und Zementwerke, Thalfingen

  13. neu an Reiss, Rosenstein & Co., Hamburg, für Jarkuhl, Lübeck, für Stat. Heiligenhafen/Holst.

  14. Schild: IBAG 6367/1935

Mindestens sieben Loks wurden nach 1945 gebraucht übernommen:

Im Jahre 1985 waren im Gleisdreieck am Kieswerk sieben, 1988 noch sechs der Streckenloks abgestellt (Lok = ist in der Zwischenzeit verschwunden), eine weitere (ohne Führerhaus) befand sich zusammen mit dieser eigenartigen IBAG-Lok (die ja wohl ein Gmeinder-Fabrikat ist) noch an der Werkstatt. Auch zahlreiche Loren standen noch am Werk. Gesichert ist der Verbleib zweier Streckenloks beim DDM, Neuenmarkt-Wirsberg, sowie der Abgang der kleinen OME 117 an das Torfwerk Walter Sievers in Todenbüttel. 1988 gelangten zwei Streckenloks zur Buchhorster Waldbahn, zwei weitere Loks sollen nach Berlin verkauft worden sein.


18.04.1999/ jm/ Nur noch drei Lokomotiven des einst umfangreichen Fahrzeugparks sind heute noch abgestellt vorhanden. Die Gmeinder ist als Denkmal hergerichtet, die Deutz-Lokomotiven stehen mit etlichen Loren auf dem ehemaligen Streckengleis Richtung Göttin. Von der Strecke und auch dem Gleisdreieck beim Kieswerk ist nichts mehr zu sehen. Alle Fahrzeuge mit 600 mm Spurweite:

Um welche Lokomotiven es sich handelt, konnte an den Lokomotiven selbst nicht festgestellt werden. Zuletzt war hier noch Gmeinder FNr. 1837 Bj. 1937, nachdem die Gmeinder FNr. 1299/1937 an das Deutsches Dampflokmuseum DDM, Neuenmarkt-Wirsberg, ging. Ob es sich bei dem Denkmal aber um diese Lok handelt, kann nicht mit Sicherheit gesagt werden.


05.08.2004/ pz/ Weiterhin ist eine Gmeinder-Lok als Denkmal aufgestellt. Eine der dort 1999 noch abgestellt vorhandenen KHD-Loks wurde als Spielobjekt nach Hollenbek abgegeben. Es handelt sich um die auf dem Foto von 1999 (siehe unten) abgelichtete hintere Lok. Telefonische Erkundigungen ergaben, dass die andere KHD Lok dort noch abgestellt vorhanden ist. Bei 30 Grad im Schatten und pausenlosen LKW-Verkehr mit entsprechender Staubentwicklung habe ich darauf verzichtet nach der Lok auf dem Gelände zu fahnden

Die Verbleibe der Deutz noch mal im Einzelnen:

Herbst 2004/ sl/ An Fahrzeugen waren nur noch eine abgestellte Deutz-Lokomotive und mehre Loren vorhanden. Des weiteren ist noch eine Lore und eine Gemeinder als Denkmal aufgestellt.

23.01.2007-info/ jm/ Eine Lok aus Berlin (Gränert) ist jetzt bei der Feld- & Kleinbahn Betriebs gGmbH FKBG in Maltente-Lütjenburg. Es handelt sich um die ehemalige Lok "-" (neu). Die bisher bekannten Verbleibe der Lokomotiven - eine Zuordnung einer Fabriknummer wird nur bei "sicherer Lage" gemacht:

06.02.2012-info/ ct/ Vorhanden ist noch eine Lok (die Denkmallok) und eine Menge an Kipploren plus dem dortigen Abstellgleis.


Gudow: Die letzten beiden Deutz OMZ (vorne II und hinten V) von einst sieben Maschinen. (Foto: 18.04.1999, Jens Merte)


Bülow: Die ehem. Lok V in Hollenbeck.


Bülow: Die ehem. Lok Z bei der Muttenthalbahn in Witten. (Foto: 02.06.2001, Jens Merte)


Bülow: Die ehem. Lok - (neu) bei der FKBG in Malente. (Foto: .01.2007, Carsten Recht)


Bülow: Die ehem. Lok X, im Einsatz bei der FKBG in Malente. (Foto: Carsten Recht)


Bülow: Die ehem. Lok I (neu) in Hildesheim. (Foto: Andreas Voß)

 


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