Bahn-Express

ICI Atlantik GmbH, Werk Rüstersiel, Friesendamm 45, 26386 Wilhelmshaven (Rüstersiel)

16.04.1999/ uv/ Das Werk der ICI Atlantik (ICI = Imperial Chemical Industries) ist das erste wesentliche Anzeichen der Industrialisierung, das man antrifft, wenn man die Industrielandschaft im Norden Wilhelmshavens betrachtet.

Als Schutz gegen zukünftige Flutkatastrophen wurde ab den 60er Jahren ein Geländestreifen zwischen Wilhelmshaven und Hooksiel Stück für Stück aufgespült und eingedeicht. Auf dem neu gewonnenen Land, dem Heppenser, dem Rüstersieler und dem Voslapper Groden (von Süden her gesehen), sollte Industrie angesiedelt werden. Als erstes Großprojekt wollte sich die Alusuisse mit einer Anlage zur Aluminiumherstellung hier niederlassen. Voraussetzung dafür wäre aber gewesen, daß der bei der Aluminumherstellung anfallende und zu deponierende Rotschlamm (5 kg auf 1 kg Alu) in der Nordsee abgelagert werden könnte. Da dies nicht durchsetzbar war, fiel diese Großansiedlung flach. Was umgesetzt wurde, war die Errichtung einer vergleichsweise kleinen Chlorfabrik im Jahre 1971.

Hier wird heute mit aus den Niederlanden (Delfzijl) herangeschafftem Salz über ein Elektrolyseverfahren Chlor und Natronlauge hergestellt. Salz steht zwar auch vor Ort in ca. 1600 m Tiefe an, ist aber wesentlich unreiner als der aus Holland importierte Rohstoff. Das Chlor wird allergrößtenteils über eine 8 km lange Pipeline dem weiter nördlich gelegenen Werk der EVC zugeführt. Die Natronlauge wird zu 15 % per Lkw, zu 20 % mit der Bahn und restlich per Schiff abgefahren.

Hauptsächlich für die Abfuhr der Natronlauge existiert eine Werkseisenbahn mit eigener Lokomotive. Es existieren spezielle Verladeanlagen sowohl für Chlor als auch für Natronlauge. Die Lokomotive ist bei Betriebsruhe in einer Entladehalle abgestellt. Ganz zu Beginn versuchte man die Rangieraufgaben mit einem schienengängigen Unimog zu bewältigen, stieg aber bald auf eine von der DB erworbene Kleinlok ("Baujahr 1936") um. Diese tat bis vor etwa drei Jahren ihren Dienst und wurde dann gegen eine O&K-Lok ausgetauscht. Die Kleinlok wurde von der Firma Newag in Zahlung genommen.

Weite Flächen der Grodenlandschaft sind ungenutzt. Außer ICI und EVC existieren noch - weit räumlich voneinander getrennt - eine Raffinerie (Wilhelmshavener Raffineriegesellschaft mbH, ehem. Mobil Oil) und ein Kraftwerk. Neben dem ICI-Werk wollte man noch eine Erzverladung einrichten, die Stadt hat dafür bereits Vorarbeiten geleistet und Anlagen beschafft, alles liegt aber jetzt als Investitionsruine brach, vergammelt und wuchert zu.

 


Lit.: LRS 186

© Reisebericht von Ulrich Völz