Bahn-ExpressSteinbruch- und Bergwerksbahnen zwischen Osterwald und Ith

Die Kuhlemannsche Werkbahn, 31020 Salzhemmendorf

Diese Bahn führte vom Steinbruch I zum Kalkwerk Salzhemmendorf. Obwohl sie lange Zeit vor dem Zusammenschluß mit dem Kalkwerk Osterwald entstanden ist (sie wurde 1889 angelegt), wurde sie in der gleichen Spurweite erbaut, wie die Bahn von Heinrich Alves. Das erwies sich später als Vorteil, weil auch die Kalksteine vom Steinbruch II zum Salzhemmendorfer Kalkwerk abgefahren wurden.

Die umfangreichen Gleisanlagen kann man heute noch anhand vorhandener Bremsberge, aus Kalksteinen aufgeschichteter Bahndämme und Verladerampen ausfindig machen. 1972 waren sogar noch die Abdrücke der Schwellen zu erkennen, wonach dann auch ein Gleisplan rekonstruiert werden konnte.

 

Die Bremsbahnen

Wegen der weiteren Ausbeute des Steinbruches wurde bereits 1901 die Bremstrommel der sogenannten Hauptbremse (sie gehörte zu der zum Kalkwerk führenden Bremsbahn) verlegt. Zum gleichen Zeitpunkt wurde weiter westlich eine neue Bremsbahn von der Breyerschen Schutthalde über den sogenannten Steinkuhlenweg in das dahinter liegende Grundstück der VOSKA angelegt. Diese Bremsbahn war nur von geringer Länge und diente dazu, die Steine, die im ehemaligen Breyerschen Steinbruch - der an die VOSKA übergegangen war - gebrochen wurden, der Hauptbremse zuzuführen. Der alte Steinkuhlenweg, der in etwa 2.5 m Höhe von der neuen Bremsbahn überschritten wurde, mußte zur Sicherheit der Passage mit Eisenträgern überbrückt und die Zwischenräume der Schienen durch 7 cm starke Eichenbohlen belegt werden. Ebenso mußten beide Seiten durch 1 m hohe, dichte Befestigungen gesichert werden.

Die vom Steinbruch zum Kalkwerk führende Bremsbahn war 1.2 km lang. Sie unterteilte sich in die obere und untere Bremsbahn und hatte mehrere Hindernisse zu überwinden, wodurch Bau und Betrieb sehr aufwendig waren.

Die obere Bremsbahn überquerte mittels Brücke den Limbergweg. Unterhalb des Weges wurde in dem Pfeiler nachträglich eine Durchfahrt für die Steinbruchbahn der Dolomitwerke Salzhemmendorf angelegt. Über diese Brücke gibt eine alte Archivalie folgende Auskunft:

Auf Ansuchen des Kalkfabrikanten F. Kuhlemann in Hannover wird demselben gestattet, bei seiner Kalkbrennerei von dem Limberge in hiesiger Feldmark zum Zweck Transport von Kalksteine nach seiner neuen Brennerei auf den Jassen (Stelle des untergegangenen Dorfes Jassingessen. Der Verfasser) über den sogenannten Limbergwege an der Stelle, wo die Eggerser Feldmark beginnt, eine Bremsbahn zu legen und zu betreiben.

An die Genehmigung der Anlage werden folgende Bedingungen geknüpft: Der an der unteren Wegeseite zu errichtende Pfeiler kann bis zur Wegkrone auf das Wegeterrain gestellt, muß aber senkrecht aufgemauert werden an der Wegseite.

An der oberen östlichen Wegseite kann ebenfalls ein Pfeiler zum Teil auf die Wegfläche gestellt, muß aber gleichfalls senkrecht in die Höhe gemauert werden. Durch diese Pfeiler muß ein Wasserdurchlaß von mindestens 0.45 m Breite, 0.60 m Höhe derart angelegt werden, daß selbiger das Wasser aus dem Seitengraben des Weges aufnehmen und ableiten kann.

Die beiden zu errichtenden Pfeiler müssen soweit auseinander errichtet werden, daß die Lichtweite durch Durchfahrt an den am weitesten vorstehenden Stellen noch mindestens 6 m beträgt.

Die über die Pfeiler zu legenden Eisenträger, Schienen oder sonstige Einrichtungen sind so hoch zu legen, daß für die Durchfahrt überall eine Höhe von mindestens 4 1/2 m von der höchsten Stelle des Weges gerechnet, bleibt.

Unter der Schienenbahn muß eine Verschalung derart angebracht werden, daß es nicht möglich ist, daß bei dem Betriebe etwa abfallende Steine ggf. auf die Wegefläche fallen können.

Ebenfalls ist an beiden Seiten der Bahn eine Brüstung herzustellen, welche undurchsichtig ist und so hoch angelegt werden muß, daß man vom Wege aus beim Betrieb die vorbeigehenden Wagen nicht sehen kann.

Wird von Kuhlemann oder dessen Rechtsnachfolger die obenbeschriebene Anlage, namentlich die Verschalungen und Brüstungen, nicht in der Folge stets im guten Stande erhalten, so hat der Magistrat das Recht, die Zustandhaltung nach einmaliger vergeblicher Aufforderung sofort auf Kosten des Kuhlemann anzuordnen und ausführen zu lassen.

Die von Kuhlemann mit Pfeilern besetzte Wegefläche bleibt Eigentum der Gemeinde Salzhemmendorf und kann Kuhlemann oder dessen Rechtsnachfolger darauf niemals Anspruch machen. Geschehen Salzhemmendorf, den 28. Dezember 1888.

Am Fuß der oberen Bremsbahn, nahe der Landstraße Hemmendorf-Wallensen, befand sich eine Ausweiche und eine kleine massive Wärterbude. Ein Schlagbaum sicherte das Abrollen der Wagen gegen die Landstraße, die von der Bahn gekreuzt wurde. Die angekommenen Wagen wurden von Hand über die Straße geschoben, wo die untere Bremsbahn begann. Hier befand sich auch das Wohnhaus des Wärters, dem die Sicherung der Gleiskreuzung mit der Kleinbahn VDD oblag. Das Haus war - wie die VOSKA-Arbeiterwohnhäuser auf dem Limbergweg - ohne Stromanschluß und Wasserleitung. Wasser holte man aus einem nahegelegenen Brunnen. Die Bremsbahn überquerte die Saale und ging in eine 300 m lange, ebenfalls zweigleisige Horizontalstrecke über, die bei den Kalköfen endete.

 

Die Gleiskreuzung

Unterhalb des Bremsberges kreuzte die Steinbruchbahn das Kleinbahngleis der VDD in nahezu rechtem Winkel. Die Kreuzung lag in der VDD-Strecke in km 6.038 zwischen den Stationen Salzhemmendorf und Eggersen. Gesichert wurde die Kreuzung ursprünglich durch Formsignale (Einflügelsignale), später durch 6b-Signale (Haltscheibe), die in km 5.92 und 6.14 angeordnet waren. In die Bremsberggleise waren 100 m östlich der Kreuzung Gleissperren eingebaut, die in Grundstellung geschlossen und durch Signaldrahtzug verriegelt waren. Hingegen war die Grundstellung der Signale die freie Fahrt.

Die Bedienung der Signalanlage erfolgte durch den besagten Wärter, der über einen Fernsprecher mit den Bahnhöfen Salzhemmendorf und Levedagsen (Eggersen war unbesetzte Haltestelle) verbunden war. Bei Benutzung der Gleiskreuzung durch die Steinbruchbahn wurden die Signale zunächst auf Halt gestellt. Dadurch wurden die Gleissperren entriegelt und ließen sich öffnen. Rechtzeitig vor Eintreffen eines Kleinbahnzuges waren die Gleissperren wieder zu schließen und die Signale auf freie Fahrt zurückzulegen.

Auf der Kreuzung ist es auch schon zu Betriebsstörungen gekommen, weil ein Steintransportwagen nicht ordnungsgemäß an das Förderseil gekuppelt wurde. Der Wagen löste sich vom Seil und rollte mit zunehmender Geschwindigkeit zu Tal, wo er auf der Kreuzung entgleiste. Bei einem anderen Unfall unterhalb des Bremsberges verlor der hier arbeitende Martin Brachtel ein Bein.

 

Oberbau und Betriebsmittel

Das Oberbaumaterial lieferte der Hörder Bergwerks- und Hüttenverein. Es waren 5 bis 8 m lange Schienen mit 105 mm Profilhöhe und einem Metergewicht von 23 kg, die auf Holzschwellen verlegt waren. Seltsamerweise wurde auch dieser Oberbau in den Übersichten als "für Sekundärbahnen eingerichtet" bezeichnet. Im Großen und Ganzen dürfte der Oberbau dem der Osterwalder Kalkbahn entsprochen haben.

Zwei Pferde und 14 Kastenwagen - wie bei der Osterwalder Bahn mit feststehendem Holzaufbau versehen - standen anfangs zur Verfügung. Die Zahl der Wagen stieg bis 1901 auf 24, bis 1915 sogar auf 70 Fahrzeuge. Für 1919 werden nur noch 15 Kastenwagen genannt, was auf eine Abgabe von Wagen an das Osterwalder Kalkwerk schließen läßt.

 

Das Ende

Nach der Stillegung der Kalkwerke wurden die Kastenwagen bei den Ofenhäusern abgestellt. Dann wurde mit dem Abbau der Gleise begonnen. Die Abtragung der Ofenhäuser zog sich über einen längeren Zeitraum hin, bis schließlich nur noch die beiden Schornsteine übrigblieben. Diese sind im Spätsommer 1960 gesprengt worden.

Im Gegensatz zu den anderen Salzhemmendorfer Werkbahnen hatte die VOSKA-Bahn nach ihrem Verschwinden noch die meisten Spuren hinterlassen. Das gilt insbesondere für den Bremsberg. An der Stelle, wo zwischen oberer und unterer Bremsbahn die Landstraße gekreuzt wurde, lag eine Zeit lang noch das Gleisstück im Straßenbett. Etwa Ende der 50er Jahre wurde es zuasphaltiert. Die Stelle bei dem ehemaligen Wohnhaus des Wärters wird in den einschlägigen topographischen Karten heute noch als "Bremshaus" bezeichnet. Die kleine Wärterbude mit dem Schlagbaum war noch vorhanden. Auf dem Bremsberg war vom Oberbau außer dem Bettungsstoff nichts mehr vorhanden. Nur auf den Holzbohlen der Brücke über den Limbergweg lagen noch die Schwellen. Holzbohlen und Brüstung der Brücke sind später ebenfalls entfernt worden. Vom Bremshaus sind nur noch einige Mauerreste vorhanden. Seilreste konnte man 1972 noch neben dem sogenannten Steinkuhlenweg unterhalb des Bruches herumliegen sehen.

 


© BE 1996