Bahn-Express

Greffener Hartsteinwerk Kramme, 33428 Harsewinkel

sh/ 13.04.2012-info/ Weite Teile des östlichen Münsterlandes sind von größeren Sandvorkommen geprägt, deren Ausbeutung bis heute für die Baustoffindustrie von Interesse ist. Der Sand eignet sich vielfach auch zur Herstellung von Kalksandsteinen. An der B513 zwischen Harsewinkel und dem Ortsteil Greffen befindet sich das Greffener Hartsteinwerk Kramme, ehemals Siemann. 1907 gegründet, werden hier Kalksandsteine aus Kalk Sand und Wasser gepresst und unter Erhitzung in einem Druck-Kessel zum fertigen Produkt erhärtet. Während der Rohstoff Kalk seit jeher aus Steinbrüchen am Teutoburger Wald bezogen wird, nutzt man den Sand aus heimischen Gruben, die sich heute jedoch nicht mehr in unmittelbarer Nähe des Werkes befinden. Wie früher üblich betrieb auch das bis 1995 unter dem Namen Greffener Hartsteinwerk Siemann firmierende Unternehmen eine Feldbahn zu einer nahe gelegenen Lagerstätte, um die Versorgung des Werkes sicherzustellen.

Geschichte von Werk und Feldbahn

Es war geplant, das Greffener Hartsteinwerk in einem Waldstück namens „Boomberge“ nahe Harsewinkel zu errichten, wo es große, leicht abbaubare Sanddünen gibt. Doch der Dampfkessel, der zum Erhitzen der Steine benötigt wurde, ließ sich nicht über eine zu schwach gebaute Brücke transportieren. So lud man ihn von der Brücke ab, wo er dann ein halbes Jahr liegen blieb. Inzwischen war Werksgründer Siemann durch einen Grundstückstausch in das Eigentum des Geländes an der heutigen B513 gekommen, wo es in Richtung der nahe gelegenen Ems einen großen Sandhügel gab, den es in den folgenden Jahren abzutragen galt.

Die Anfänge des Werkes waren bescheiden. Der Maschinenpark war in einem kleinen Fachwerkbau untergebracht, der Kessel stand sogar unter freiem Himmel. Der Sand der rückseitig gelegenen Düne wurde über eine kurze Gleisanlage mit Pferd und Loren herbeigeschafft. Die Loren wurden einzeln auf einer Drehscheibe gedreht und mit Seilzug auf den Mischboden des später errichteten Betriebsgebäudes gezogen und dort entleert. Bis zum zweiten Weltkrieg sollte sich daran nichts ändern. Dann wurde das Werk vorrübergehend wegen Arbeitskräftemangel eingestellt. Auch war das Sandvorkommen erschöpft. Das neue Abbaugebiet, welches man nach dem Krieg erschloss, lag in südöstlicher Richtung, knapp zwei Kilometer vom Werk entfernt an der nach Beelen führenden Straße „Heerdamm“. Auch hier wurde wieder eine Sanddüne abgetragen. Man verlegte an der Abbaukante ein paar Gleisjoche auf der Loren von Hand verschoben wurden. Mit den Loren wurden Lkw beladen. Lkw die zum Hartsteinwerk kamen, um fertige Steine abzuholen, unternahmen Zwischenfahrten zur Abbaustelle, um Sand zu holen. Am Werk wurden dann wieder Loren befüllt, um den Mischboden zu beschicken. Diese Vorgehensweise war umständlich und teuer, denn der Lkw gehörte einer Firma aus Steinhagen und musste für die Zwischenfahrten bezahlt werden. Nun begann die große Zeit der Feldbahn, die Grube und Werk verbinden sollte. Die zwei Kilometer lange Bahn wurde im Herbst 1952 gebaut. Sie führte zunächst vom Werk aus ein Stück entlang der B 513 in Richtung Harsewinkel, bevor sie nach rechts in ein Waldstück abknickte, wo sie dann einem Waldweg folgte. Auf den letzten Metern verließ sie den Weg und führte von nun an in leichten Schlangenlinien durch wildromantisches Gebüsch, dass man tunnelartig frei geschnitten hatte. An der Grube befand sich eine einzelne Weiche mit zwei Stumpfgleisen. Eines zum Beladen und eines zum Abstellen. Der aus 10-12 Loren bestehende Zug wurde vom Werk zur Grube geschoben und dort gegen eine volle Garnitur getauscht .So konnte während der Fahrten der Lok bereits wieder eine Leergarnitur beladen werden. Zuerst erfolgte die Beladung per Hand, später kaufte man dann ein gebrauchten Hanomag RL40 Traktor, der einen Atlas-Kran mit Schalengreifer besaß. In der Regel verkehrte der Zug viermal pro Arbeitstag zur Grube. Im Werk hatte man zuerst ein Gleis in den hinteren Werkshof gelegt, um den Schrägaufzug zu erreichen. Der am „Heerdamm“ gewonnene Rohstoff war jedoch nicht unproblematisch. Der Sand der Grube war mit festen Erdklumpen durchsetzt. Um diese herauszufiltern, grub man schließlich auf der Vorderseite des Werkes einen stählernen Trichter mit einem Sieb in den Boden. Der Trichter war durch ein langes Stumpfgleis entlang der Bundesstraße ebenerdig zu erreichen. Zwischen Trichter und Mischboden installierte man ein Förderband. Das Gleis, das auf die Rückseite des Werks führte, nutzte man nun, um defekte Loren abzustellen.

Für den Betrieb wurde stets nur eine Lok benötigt, sowie eine Reservemaschine. Über die Jahre gelangten aber ca. fünf Maschinen zum Hartsteinwerk Greffen, da verschlissene Loks ersetzt werden mussten. Über sie lassen sich nur ungenaue Angaben machen, sicher ist, dass alle Loks gebraucht erworben wurden und keine ein Führerhaus besaß. Neben drei bis vier Gmeinder-Loks, die erste besaß sogar noch eine Zündlote, ist eine Schöma Lok in Harsewinkel gewesen. Mitarbeiter des Werks meinen sogar eine Zeit lang eine Jung oder Ruhrtaler Lok eingesetzt zu haben. Aber das lässt sich nicht mehr feststellen, da die Lok nach kurzer Zeit wegen ihres schlechten Motors wieder abgegeben worden sein soll. Sicher ist dagegen der Einsatz einer Selbstbaulok der Harsewinkeler Mähdrescherfabrik Claas auf einem Lorenfahrgestell, ausgerüstet mit einem Ford Motor. Die Lok erwies sich aber als zu schwach und wurde deshalb bald wieder außer Betrieb genommen. Um 1971/72 wurde die Bahn stillgelegt. Die Gleise blieben zuerst liegen, wurden dann schrittweise abgebaut. Sie gelangten zu Museumsbahnen, unter anderem zur Dampfkleinbahn Mühlenstroth bei Gütersloh, und zum Teil zu Torfbahnen. Das rollende Material lagerte noch viele Jahre auf dem Werkshof, ist aber heutzutage größtenteils nicht mehr vorhanden. Es soll an verschiedene Museen abgegeben worden sein. Auf dem Gelände werden heute aber noch zahlreiche Plattformwagen eingesetzt, auf denen die frisch produzierten Steine verschoben werden.

 


© Info von Stefan Högemann