Bahn-Express

Nordbrand Nordhausen GmbH, Bahnhofstr. 25, 99734 Nordhausen

07.10.2006/ jm/ Das Anschlussgleis führt vom Bahnhof über die Langestraße Ecke Erfurter Straße zum Werk. Hier stehen etliche Kesselwagen und es gibt einen Lokschuppen. Gibt es auch noch die Lok?!

21.10.2011-info/ ws/ Um 1972 ging es noch Über die Drehscheibe, an die alle drei Hauptgleise angebunden war, zur Maschinen-Fabrik, die (wenn ich mich recht erinnere) Fischer hieß. Dort wurden bis etwa 1975/76 noch sporadisch Wagen, hauptsächlich GG, zugestellt, danach nicht mehr. Der Stummel rechts der Scheibe diente zum Abstellen von Kesselwagen, die Weichwasser in ein hinter dem Prellbock stehendes Lagergebäude mit Fässer brachten,eventuell auch Alkohol. Nach links ging es in den alten Lks, der als Backsteinbau ähnlich der alten, aus Reichsmonopolzeiten stammenden Gebäude aussah. Das Gleis daneben verlief zu einem Drehwinkel, der das alte Kohlegleis zum Kesselhaus anband. Ab dem Winkel verlief der Stummel noch etwa 100 m weiter zu einer Lagerhalle zum Einlagern von Alkohol, der sogenannten Wodkahalle. Das Windenhaus für den Spill befand sich auf Höhe des Winkels. Ab der Drehscheibe wurden alle Waggons einzeln per Spill rangiert. Ab etwa 1970 wurden im Zuge des Brennereineubaus das Kesselhaus auf Gasfeuerung umgestellt. Das Kohlegleis sollte zur Anlieferung von Getreide dienen, das per Ganzzüge aus Mecklenburg kommen sollte. Dazu kam es aber nicht, das Getreide wurde per Bahn an das Nordhäuser Kornhaus geliefert und dan per LKW in die Brennerei zur Verarbeitung geliefert, etwa 30 t in 24 h, später das Doppelte. Das Kornhaus stand bis vor wenigen Jahren am alten Bahnübergang Kassler Strasse gegenüber der IFA, vormals Orenstein & Koppel Werk Montania, wenn man aus westlicher Richtung kommt, rechts am heutigen Kreisverkehr etwa 100 m von der Bundesstrasse weg. Nach und nach wurden ab der Drehscheibe die Gleise und der Winkel abgebaut. Ab etwa 1982 wurden die baulichen Vorbereitungen zum Bau einer zweiten, vier mal größeren Brennerei, "Konti 2",getroffen. Der Lks wurde ins Gleis 3 am östlichen Ende neu gebaut, die Scheibe und der alte Lks wurden abgerissen und an dessen Stelle eine sogenannte Umformerstation gebaut. Hier wurde der Dampf aus dem städtischen Heizwerk, der mit etwa 40 bar Druck ankam, in Umformern ähnlich Wärmetauschern, in Dampf verschiedener Druckstufen umgewandelt, wie es in der Brennerei erforderlich war (10,5 und 1 Bar etwa). So bestand die Bahn bis kurz nach der Wende.

Vor der Wende gab es im Schnitt per Tag etwa 3-5 Kesselwagen, die jeweils im Ein- und Ausgang verwogen wurden und an die Füllstutzen zwischen Gl. 1 und 2 sowie 2 und 3 sortengerecht rangiert werden mussten. In der Realität sah das am Montag morgen so aus, das im Hof Gl. 1 und 2 vom Sonntag (ein Kollege hatte immer Dienst) voll standen und auf dem Üg-Gleis auch alles bis hinter die WÜST voll stand. Es war dann viel Gehirnschmalz erforderlich, den Knoten so zu lösen, das man die DR-Lok nicht brauchte, um sich Luft zu verschaffen, was aber nicht immer gelang. Manchmal gelang es nur, wenn man mit voller Kraft die Puffer der Wagen in Gl. 2 zusammendrückte und mit Luft anbremste, die Profilfreiheit für Gl 1 herzustellen. Es wurde mit allen Tricks gearbeitet und spätestens am Mittwoch war alles aufgearbeitet, teilweise mit Überstunden und auch mal am Wochenende.

Schlimm wurde es, wenn Export angekündigt war. Das waren Züge der ERMEWA, die Kornalkohol 96% in die Bundesrepublik brachten. Sie bestanden im Schnitt aus etwa 25-30 4achser Kesselwagen mit jeweils 60 000 l Fassungsvermögen. So konnte man neben Wagen aus ganz Westeuropa als Raritäten auch englische Fährbootwagen mit doppelten Bremssystem (Druckluft und Vakuum) bzw. als Druckluftleitungswagen sehen. Dafür gab es Zeitvorgaben, bis wann der Zug wieder weg sein musste. Die Wagen wurden auf dem Nordhäuser Bahnhof abgestellt, wie Platz war, selbst die Anschlussbahn Hochbaukombinat am Darrweg auf der südlichen Bahnhofsseite genau uns gegenüber in Sichtweite (heute Stadtwerke) wurde genutzt und die Wagen in Zweiergruppen auf Zuruf zu uns gebracht wenn eine der etwa 10 V 60 für solche Sonderfahrten frei war. So wie gefüllt und zolltechnisch abgefertigt wurden die Wagen gesammelt und dann über Gerstungen /Bebra abgefahren. 1987-1990 war das mindestens drei mal per Jahr der Fall. Man kann sich vorstellen, was mein Kollege und ich dort geschafft haben, denn der normale Eingang aus dem Inland lief ja weiter. Ein 60 m³-Wagen dauerte mit einer Pumpe etwa 3 h,mit 2 Pumpen (nachts und am Wochenende etwa 1,5 h), es gab dafür 4 Stutzen. Dazu verwiegen und verplomben unter Zollaufsicht. Ins Werk ging es mit Druckluftbremse wegen des Bahnüberganges und einem kleinen Gefälle mit max. 8 Achsen, zurück mit 4 Achsen, bei nassem Wetter entsprechend weniger.

Soweit mir bekannt, wurde die Lok wohl verkauft (?) und die Anschlussbahn der Stadtwerke übernimmt mit ihren Fahrzeug und Personal die Bedienung.

Nach der Wende wurde die neue "Konti 2" sofort stillgelegt, da ab Juli 1990 das Bundesdeutsche Brennrecht gilt, wonach Brennereien nur ein bestimmtes Kontingent an Alkohol zu staatlichen Festpreisgarantie brennen dürfen und sonst in den alten Bundesländern sehr viele Brennereien hätten zumachen können. Für die Belegschafft in Nordhausen hieß das, das etwa u.a. 170 Kollegen aus den beiden Brennereien gehen mussten.

 


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