Bahn-Express 

Hafen-, Lagerungs- und Umschlagsgesellschaft Fritze & Becker, Hafen/Industriebahn Barby, 39249 Barby/Elbe

13.02.2007-info/ jk/ In den Jahren 1894 und 1895 ließ die Elbstrombau-Verwaltung den Bau des Barbyer Hafens unterhalb der Elbbrücke als Schutzhafen ausführen. 1899 trat die Stadt Barby mit der KED Magdeburg über den Bau eines Anschlussgleises vom Güterbahnhof zum rund 2 km entfernten Hafen in Verhandlungen. Mit der Übernahme des Barbyer Hafens durch die Hafen-, Lagerungs- und Umschlagsgesellschaft Fritze & Becker im Jahre 1904 wurde er weiter zum Speditionshafen ausgebaut. Der Bau des Anschlusses und die Erweiterung des Bahnhofs um zwei Übergabegleise war bis zum Jahre 1904 fertig gestellt. Die Anschlussbahn und die notwendigen Übergabegleise konnten nach dem Kauf einer gebrauchten Lokomotive von den Borsigwerken in Betrieb gehen. Umgeschlagen wurden hauptsächlich Kalisalz, Phosphat, Schwefelkies, Kohlen, Bauholz und Futtermittel.

Am 17. Juni 1904 wurde die zweiachsige Werklok Baujahr 1889 übergeben. Es handelte sich dabei um die Lok "Borsigwerk I" (FNr. 4256), die in Barby den Namen "BARBY" erhielt. Eine weitere zweiachsige Lok erhielt die Hafenbahn am 26. Oktober 1906. Diesmal war es ein Neubau (Borsig-Fabrik-Nr. 6066). Die Lok erhielt den Namen "BARBY II". 1914 lieferte Henschel die dreiachsige Naßdampflok (FNr. 12818, Typ Bismarck).

Nach dem Bau des Barbyer Maizenawerkes, der ersten Maisstärkefabrik Europas, in den Jahren 1922-24 wurde die Hafenbahn zur Industriebahn erweitert. Die Betriebsführung oblag der Hafen-, Lagerungs- und Umschlagsgesellschaft mbH, nun eine Tochter der Deutschen Maizena Gesellschaft mbH.

Zunehmende Transportaufgaben erforderten auch größere Lokomotiven. 1925 erhielt die Transport und Lagerhaus GmbH (TUL) mit der Lok "ILSE" eine dreiachsige Heißdampflok (Henschel FNr. 20149). Weiterhin befand sich eine dreiachsige Lok "IRMGARD" bis ca. Anfang der 1960er im Bestand. Beide Loks sollen nach den Töchtern der Hafenbetreiber benannt worden sein.

Nach 1931 kam die dreiachsige Lok "SCHILDOW" von der Reinickendorf-Liebenwalde-Groß Schönebecker Eisenbahn nach Barby und erhielt den Namen "BARBY II." in Zweitbesetzung. Z.Zt. ungeklärt ist der Weg dieser Lok nach Barby. Nach Aussagen von Kennern der Heidekrautbahn soll diese Lok 1931 an einen Schrotthändler verkauft worden sein. In Barby war sie bis Ende der 1960er Jahre im Einsatz.

Die Deutschen Maizena-Werke entwickelten sich zum Hauptversender. Zum Versand kamen insbesondere Produkte dieses Mais verarbeitenden Betriebes. Chemikalien gehörten zu den Versandartikeln der ebenfalls angeschlossenen chemischen Fabrik der Gebrüder Giulini. Diese Güter sowie der gesamte Elbeumschlagverkehr gingen über diese Anschlussbahn. Dieser betrug täglich u.a. 200 Wagen Kali, 50 Wagen Speisesalz, 20 Wagen Zucker.

Ein weiterer Bahnanschluss, ebenfalls durch die Hafen-, Lagerungs- und Umschlagsgesellschaft betrieben, bestand kurzzeitig zur Grube Neue Hoffnung, einem Braunkohlenschacht bei Pömmelte. Er zweigte in unmittelbarer Nähe des Bahnhofs Barby aus dem Stammgleis der Anschlussbahn ab. Die in der ersten Hälfte der 1920er Jahre gebauten Maizena-Werke sollten von dort mit Brennstoff versorgt werden. Die salzhaltige Qualität der Kohle sowie der Raubbau, der ein "Absaufen" der Schächte zur Folge hatte, waren der Grund für die Einstellung des Abbaus im Jahre 1924. Wie aus einem Antrag der Stadt Barby an den Landrat des Kreises Calbe vom 13. November 1925 hervorgeht, bemühte man sich um die Nutzung des von der Pömmelter Kohlengrube über die Privatgleise im Barbyer Bahnhof zur Maizena liegenden Anschlussgleises nach Stillegung der Grube für den Personenverkehr. Da es von dort auch ein Gleis zum Bahnhof Gnadau gab, regte im August 1925 der Landrat des Kreises Calbe an, ein Kleinbahnunternehmen Barby - Pömmelte - Gnadau unter provinzial-sächsischer Regie ins Leben zu rufen. Dazu kam es aber nicht. Die bestehenden Gleise wurden in den 1930er Jahren wieder abgebaut

1946 wurden auch die Maizena-Werke, obwohl sich sich in amerikanischem Besitz befanden, demontiert. Zum Beutegut gehörte auch deren Lok "ILSE", die als Trophäenlokomotive Deutschland in Richtung Sowjetunion verließ. Die Industrieanschlussbahn selbst wurde nach dem Zweiten Weltkrieg von den Deutschen Maizena-Werken AG i. Verw. weiter betrieben.

09.08.2003/ ms/ jm/ Heute hat der kleine Hafen in Barby keinen Bahnanschluss mehr, derzeit liegt auch nur ein einziges Schiff im Hafen, bei dem es sich um ein von Privat museal erhaltenen Frachtkahn handelt. Früher gab es in Barby offensichtlich einen regeren Warenaustausch über die Elbe, wie die folgenden Lieferungen belegen.


Hafen Barby: Borsig FNr. 8742/1913, aufgenommen in den 1950er Jahren. (Foto: Sammlung Jürgen Krebs)


Maizena: Die Lok "IRMGARD" Ende der 1950er Jahre auf dem eingleisigen Abschnitt zwischen den Maizena-Werken und dem Bahnhof Barby. (Foto: Sammlung Jürgen Krebs)

 


© Reisebericht von Jens Merte
© Info von Jürgen Krebs